"love letters" mit Arbeiten von / with works by: Rosa Anschütz, Lisa Holzer, Robin Waart
love letters
Rosa Anschütz, Lisa Holzer, Robin Waart
kuratiert von / curated by Monika Georgieva
Eröffnung / Opening: 3. November 2024, 14h – 18h
Ausstellung / Exhibition: 4. November –26. Januar 2025
Location: Kunstverein Eisenstadt, Joseph-Haydn-Gasse 1
Öffnungszeiten / Opening hours: Samstag / Saturday 11h – 17h, Sonntag / Sunday 13h – 17h
Fotos: Flavio Palasciano
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Ausstellungstext (scroll for English)
love letters ist das Ergebnis eines Nachdenkens über die intime Geste, einen Brief zu erhalten, und diese in etwas zu verwandeln, das gemeinsam erlebt wird. Ausgehend von der Überlegung, dass der Brief selbst eineAusstellungsform ist, begreift die Show die Architektur des Kunstvereins Eisenstadt als die zusammengefaltetenSeiten eines Umschlags. Wörter, Sprache und Text, ob geschrieben oder gesprochen, sowie die Auseinandersetzung mit dem Fühlbaren und Persönlichen, stellen für Rosa Anschütz, Lisa Holzer und Robin Waart manchmalWerkzeuge dar, um ein physisches Werk zu begleiten und über dieses zu informieren. Und manchmal werden dieseWerkzeuge das Werk selbst.
An analogen Briefen begeistert mich, dass sie nicht nur geschriebene Nachrichten transportieren können, sondern auch jedes andere Objekt, das flach genug ist, um in einen Umschlag zu passen. Ein gefaltetes Stück Papier, imInneren ein Bild; ein gepresstes vierblättriges Kleeblatt; eine Handvoll Sand vom Meer. Es gibt kaum Medien, die ein Brief nicht beinhalten kann. Fotografie, Zeichnung, Objekte, Text – und natürlich Gerüche. Ich bin mir sicher, dass die meisten zumindest einmal ein Stück Papier mit Parfüm besprüht haben, bevor sie darauf eineLiebesbotschaft darauf verfasst haben. Irgendjemand hat sogar einen Weg gefunden, um einem Brief Musik hinzuzufügen – denk’ nur an diese Karten, die beim Öffnen beginnen eine Melodie zu spielen? Einen Brief zu erhalten und zu öffnen, fühlt sich sehr besonders an, intim. Eine kleine Sammlung von Gegenständen undGeschriebenem in einem Brief verschlossen und nur für dich bestimmt. Du hältst ihn in der Hand, du reißt ihn auf, du bewahrst ihn auf.
Den ersten Liebesbrief habe ich in der Vorschule an meinen ersten Kindheitsschwarm verschickt. Das Problem war, dass ich noch nicht wirklich schrieben konnte und deshalb meine Gefühle vor allem in Zeichnungen ausdrücken musste. Er hingegen, schrieb seine Nachrichten, versiegelte sie in einem Umschlag, und überreichte sie mir stolz. Am nächsten Tag tat ich dasselbe, nur mit meinen gezeichneten Antworten. Diese unschuldigen Briefe auszutauschen, war unsere einzige Art der Kommunikation. Jetzt, Jahre später, fasziniert es mich, an dieseInteraktion zu denken, die auf nur zwei Medien reduziert war, mit denen wir uns wohl fühlten: Zeichnung undText. Damals haben wir das nie in Frage gestellt. Stattdessen fühlte sich diese Art zu kommunizieren natürlich an– möglicherweise, weil ein Liebesbrief von den Verantwortlichkeiten eines regulären Briefs befreit ist. Er muss keiner bestimmten Logik folgen, muss noch nicht mal informativ sein. Wir lernen in der Schule, wie man korrekt einen Brief schreibt, wobei verschiedene Sprachen verschiedene Regeln und Formate haben. Briefkopf, Anrede,Textkörper, Grußformel, Signatur. Den Aufbau eines Liebesbriefs bestimmen wir selbst.
Aber sind Liebesbriefe darauf beschränkt, auf Papier geschrieben und in einem Umschlag verschlossen zu werden?Kann jemand einen Liebesbrief an einen Ort adressieren, zum Beispiel einen Garten? Oder von der Fassade eines Gebäudes oder eines vorbeifahrenden Lasters einen Liebesbrief erhalten? Kann ein Liebesbrief geduldig darauf warten, gefunden zu werden? Nur dir gewidmet und gleichzeitig der Person, die ihn in diesem Moment am meisten braucht.
Text: Monika Georgieva
Übersetzung aus dem Englischen: Leonie Huber
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Exhibition text
love letters is the outcome of thinking about the intimate gesture of receiving a letter and of turning it into something to be experienced collectively. Reflecting on the letter as an exhibition form in itself, the show imagines the architecture of Kunstverein Eisenstadt as the folded sides of an envelope. Words, language, and text, whether written or spoken, as well as an ongoing engagement with the tactile and the personal are sometimes used by Rosa Anschütz, Lisa Holzer and Robin Waart as tools to inform and accompany a physical work. And sometimes these tools become the work itself.
What I find curious about analogue letters is that they can carry not only written messages, but also any object flat enough to fit into an envelope. A folded piece of paper, holding a picture on the inside; a pressed four-leaf clover; a handful of sand from the beach. There are hardly any media that cannot be contained in a letter. Photography, drawing, object, text. Scent, too, of course; I bet you have at least once sprayed some perfume on a piece of paper before writing a little love note on it. People have even invented a way to add sound to a letter—remember those cards you open and a melody starts to play? Receiving and opening a letter feels very special, intimate. A small collection of objects and texts sealed in an envelope dedicated only to you. You hold it in your hands, you tear it open, you keep it.
The first love letter I ever gave to someone was in preschool, to my first childhood crush. The thing was, I couldn’t really write yet, so I had to express most of my feelings by drawing. He, on the other hand, wrote down his messages, sealed them in an envelope, and bravely handed them to me. The next day I would do the same, with my drawing response. The exchange of these innocent letters was our only form of communication. Now, years later, I find it fascinating to think of this interaction reduced only to the two media each of us felt comfortable with:drawing and text. But at the time this was never questioned. Instead this form of communicating felt natural—probably because a love letter is stripped of the responsibilities of an ordinary letter. It doesn’t have to follow any particular logic, it doesn’t even have to be informative. We learn at school how to write a letter correctly, different languages have different standards and formats. Heading, greeting, body, closing, signature. The structure of a love letter is something we invent ourselves.
But are love letters only limited to being written on paper and sealed in an envelope? Can one send a love letter to a place, to a garden? And can one receive a love letter on the façade of a building, or on a passing lorry? Can a love letter wait patiently somewhere for you to find it? Dedicated only to you and only to whoever needs it at that particular moment.
Text: Monika Georgieva