Kunstverein Eisenstadt

Kunstverein Eisenstadt

13.2.2021
Ausstellung 

IT'S NOT OVER TILL IT'S OVER

Eine Komplizenschaft von Club Fortuna und Maja Štefančíková im Kunstverein Eisenstadt.

#openandactive ----- Der Kunstverein öffnet wieder! Besuchen Sie uns ab 13. Februar in Eisenstadt °o°

Die aktuelle Ausstellung im Kunstverein Eisenstadt reflektiert die Pandemie-Situation, in der die Menschen weltweit immer ungeduldiger darauf warten, dass die Dinge wieder wie gewohnt ihren Lauf nehmen. Doch die Pandemie zwingt uns zum Innehalten, zum Stillstand, zum Warten.

Mit dieser jüngsten Komplizenschaft präsentiert der Kunstverein Eisenstadt das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Künstlergruppe Club Fortuna und Maja Štefančíková. Trotz unterschiedlicher Denk- und Handlungsweisen haben sie ein kollektives Kunstwerk entwickelt, das sowohl den kapitalistischen Imperativ der Individualität zurückweist als auch eine benutzbare Bühne für neue Verhaltensformen etabliert.

Das in Wien lebende Kollektiv Club Fortuna besteht aus Xenia Lesniewski (* 1985 Frankfurt am Main), Nana Mandl (* 1991 Graz) und Sarah Sternat (* 1988 Graz). Die slowakische Künstlerin Maja Štefančíková (* 1978 Bratislava) lebt in Bratislava. Kuratiert wird die Ausstellung von Mária Janušová und Barbara Horvath.

IT’S NOT OVER TILL IT’S OVER

„Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“ ‒ wörtlich genommen handelt es sich um eine Tautologie, die nichts über die Welt aussagt. Den Menschen mitzuteilen, X sei X, liefert keine wirkliche Information. Was die Zeile tut, ist, sie daran zu erinnern, dass es noch Hoffnung gibt. Dass, wenn man sich wirklich bemüht, noch eine Chance auf ein glückliches Ende besteht. Dabei wird das Warten auf das Ende nicht selten zum Teil des Lebens. Die ganze Welt wartet darauf, dass alles wieder normal wird, dass wir wieder reisen können, dass wir uns atmen, riechen, berühren, umarmen, küssen, fühlen können, dass wir zusammen in Cafés, Restaurants, Bars abhängen und bis in den frühen Morgen in einem Club tanzen können. Jeder auf diesem Planeten vermisst das Leben vor der Pandemie. Unsere Freiheit ist weg, und wir wissen nicht, wie wir mit dem Verlust umgehen sollen. Wir leben kein richtiges Leben, wir stecken irgendwo zwischen Zeit und Raum fest, wir sind in einem seltsamen intergalaktischen Vakuum gefangen. Wie Wladimir und Estragon in Samuel Becketts Warten auf Godot warten wir und wissen nicht, ob es das normale Leben jemals wieder geben wird.

In der Ausstellung It’s not overtill it’s over begreifen Club Fortuna und Maja Štefančíková das Warten als Prozess, den wir durchmachen, um zu einem Raum ungeahnter Möglichkeiten zu gelangen, zu einem Freiraum für Reflexion, Kontemplation, ambivalente Gedanken und Gefühle, einem Nicht-Ort geschenkter Zeit. Der Warteraum, den sie dem Kunstverein im Rahmen ihrer Komplizenschaft einverleibt haben, gleicht jenem beim Arzt, im Krankenhaus, im Flughafen, auf Bahnhöfen und ist auch als Nicht-Ort im Sinn des französischen Kulturtheoretikers Marc Augé zu verstehen: als Ort, den niemand wirklich mag, der etwas Vorübergehendes hat, identitätslos ist, an dem man einzig darauf wartet, dass etwas geschieht.

Nun aber sind diese meist sehr überfüllten Orte leer. Nicht nur Menschen, auch Warteräume befinden sich in sozialer Isolation. Ohne Menschen sind sie bedeutungslos, weil sie ihren grundlegenden Zweck verloren haben. Wir können beginnen, diesen Räumen, ihren Wänden, Möbeln oder ihrer Dekoration zu zuhören und ihre Einsamkeit und Verlassenheit zu spüren. Sie vermissen uns.

In Zeiten der Pandemie wartet auch der Ausstellungsraum des Kunstvereins Eisenstadt auf Besucher*innen. Auch er ist ein Warteraum, ein alternder (Raum-)Körper, voll von vergangenen Geschichten und utopischen Vorstellungen für die Zukunft. Die Zeit in ihm kennt keine Geschwindigkeit: Obgleich sich der Sekundenzeiger der Wanduhr stetig vorwärts bewegt, scheint die Zeit nicht messbar. Aber sie ist wahrnehmbar, mitunter physisch erlebbar. Die Künstler*innen interessieren sich einmal mehr für die „tautologische Begegnung“: Die Besucher*innen teilen mit dem Raum die Bereitschaft, die Zeit der anderen Seite als wertvoll zu akzeptieren. Der Raum begründet sich durch die Anwesenheit von Betrachter*innen; umgekehrt wiederum rechtfertigt sich das Verweilen indiesem Raum durch die Erwartung eines bevorstehenden Ereignisses. Aber auch dieses Ereignis lässt auf sich warten. Oder ist man selbst unvermittelt Teil einer „Situation“ geworden? Ungeduldig klopft man mit der Fußspitze auf den Boden, verstohlen wandert der Blick umher, auf der Suche nach Anhaltspunkten, worum es sich denn handelt, worauf man eigentlich wartet, bis die Finger steinharteKaugummis unter den Warteraumstühlen ertasten. Jemand lacht, und alles wirkt mit einem Schlag seltsam komisch.

Text: Barbara Horvath & Mária Janušová

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#openandactive ----The Kunstverein opens again! Visit us from 13 February in Eisenstadt °o°

The current exhibition at Kunstverein Eisenstadt reflects the pandemic situation that has people around the world waiting ever more impatiently for things to resume their usual course. But the pandemic forces us to pause, to stand still, to wait.

With this most recent Complicity, Kunstverein Eisenstadt presents the result of the collaboration between the artist group Club Fortuna and Maja Štefančíková. Despite different ways of thinking and acting, they have developed a collective artwork that both rejects the capitalist imperative of individuality and establishes a feasible stage for new forms of behavior.

The Vienna-based collective Club Fortuna consists of Xenia Lesniewski (b. 1985 in Frankfurt am Main), Nana Mandl (b. 1991 in Graz), and Sarah Sternat (b. 1988 in Graz).The Slovak artist Maja Štefančíková (b. 1978 in Bratislava) lives in Bratislava. The exhibition is curated by Mária Janušová and Barbara Horvath.

IT’S NOT OVER TILL IT’S OVER

If there is a specific activity that can be made out in the ongoing COVID-19 pandemic, it is waiting. The entire world is waiting that everything will be back to normal, that we will be able to travel again, to breathe, smell, touch, hug, kiss, and feel each other, hang out together in cafés, restaurants, and bars, or dance in a club into the early hours of the morning. Everybody on the planet misses life before the pandemic. Our freedom is gone and we, people in democratic countries, do not know how to handle this loss. We do not live a real life, we are stuck somewhere between time and space, locked up in some strange intergalactic vacuum. Like Vladimir and Estragon in Samuel Beckett’s famous play Waiting for Godot, we are waiting, not sure if we will ever return toour normal lives.

In the exhibition It’s not overtill its over, Club Fortuna and Maja Štefančíková symbolize the situation that the whole world is presently facing. Within their complicity, the artists have transformed the exhibition space into a waiting room. This waiting room resembles the waiting rooms of hospitals, casualty wards, airports, and train stations. It is also a non-place in terms of the French ethnologist and social anthropologist Marc Augé’s theory: a place that nobody really likes, that is something transitory, temporary, and without identity. These usually very crowded places are empty now. Not just humans, waiting rooms are in social isolation, too. Without people, they are meaningless because they have lost their basic purpose. We can start to listen to these spaces, their walls, furniture, or decoration, and feel their loneliness and abandonment. They are missing us.

The exhibition space of Kunstverein Eisenstadt that has been closed to the public for some time is waiting for visitors, too. In pandemic times it is a waiting room as well. Now, the physically empty gallery is full of past stories and utopian ideas. The room is speaking to us about how it feels, how desolate it is, and how much it needs art to stay alive. It desperately wants to have its visitors back.

The exhibition It’s not over tillit’s over encompasses all these aspects. The room has a uniform appearance, it echoes a universal type of waiting room. If we are observant enough, we will notice some strange details and absurd situations. While we are waiting, time becomes more and more annoying. The minutes and seconds seem endless. We are constantly asking ourselves questions like what time it is, how much time has passed, how long do we have to wait, is time real, when things will change.

We can understand the installation both as a room waiting for us and as a space where we are allowed to come and wait for the moment when COVID-19 will be gone, when it will be over. Thus, we can see this exhibition as a representation of a global desire and hope for the time when everything will be as it used to be. We are waiting for the future past.

Text by Barbara Horvath & Mária Janušová

ERÖFFNUNG OPENING

Ausstellungsdauer Exhibition duration: 25. Jänner bis 11. April 2021 / January, 25 till April 11, 2021

Öffnungszeiten Opening hours: Samstag Saturday 11–17 Uhr, 11 a.m.‒5 p.m., Sonntag Sunday 13–17 Uhr 1‒5 p.m. und nach Vereinbarung and by appointment

ONLINE ERÖFFNUNG OPENING

Sonntag Sunday, 24. Jänner January 2021, 14 - 18 Uhr, 2‒6 p.m.

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